Die Problemlösung durch eine neue Berechnung bezieht sich nur auf Standorte im Bereich von Drehfunkfeuern mit Doppler-VOR-Technik.
In der aktuellen Berichterstattung zum Thema „Drehfunkfeuer und Windkraft“ wird die Botschaft suggeriert, dass durch die Nutzung einer neuen Bewertungsformel durch die Deutsche Flugsicherung (Stichwort WERAN-Projekt) ein Ausgleich zwischen den berechtigten Belangen der Flugsicherung und dem Ausbau der Windenergie möglich und der bestehende Konflikt damit beseitigt sei.
Leider ist diese Schlussfolgerung nur zum Teil richtig. Die genannte Methode bezieht sich nur auf sogenannte Doppler-Drehfunkfeuer (DVOR), nicht auf konventionelle Drehfunkfeuer, sogenannte CVOR.
Insbesondere innerhalb des 15-km-Prüfbereich des Drehfunkfeuers CVOR Nienburg werden durch die DFS nach wie vor in den Landkreisen Nienburg, Region Hannover und Heidekreis mindestens 110 geplante moderne Windenergieanlagen (WEA) zum Zu- und Ersatzbau (Repowering) mit einem Marktvolumen von über 800 Mio. EURO blockiert. Eine ähnliche Situation ergibt sich am Drehfunkfeuerstandort Sarstedt (CVOR Leine).
In der Tat hat das WERAN-Projekt aufgezeigt, dass für Doppler-VOR eine andere Berechnungsformel zum Einsatz kommen muss, als diejenige, die bisher durch die DFS angewendet wurde, um wahrhaftige Ergebnisse zu liefern.
Allerdings muss man zwei Dinge wissen, die daraus folgen:
1. Die neue Berechnungsmethode bringt eine Befreiung und Befriedung nur an den Standorten, an denen ein Doppler-VOR (DVOR) installiert und in Betrieb ist. Standorte mit einfachem Drehfunkfeuer CVOR sind nach wie vor blockiert.
2. Die Bewertungsmethode der DFS ist kritisch zu betrachten, da sie zu den Berechnungsergebnissen zusätzlich Messergebnisse einbezieht und dadurch die Berechnungsergebnisse erheblich relativiert. Erschwerend kommt hinzu, dass DFS die ausweislich des WERAN-Projektes als unbrauchbar erklärten Messergebnisse aus dem Orbitalflug heranzieht. Fachlich korrekt wären gemäß WERAN hingegen nur durch Radialflug gewonnenen Messergebnisse. Dadurch wird die Bewertung wissenschaftlich unzulässig und erheblich verfälscht.
Gerichtstermin abgesagt
Am 25. Juni 2020 sollte in Hannover vor dem Verwaltungsgericht nach über zweijähriger Unterbrechung das Widerspruchsverfahren der deanGruppe gegen die versagten Genehmigungsanträge zum Repowering Windpark Mandelsloh und Windenergieanlage Suttorf sowie Verfahren anderer Projektentwickler weiter gehen. Der Termin ist zwischenzeitlich durch das Gericht mit Verweis auf die Corona-Situation abgesagt worden.
Die neue Methodik nützt diesen Gerichtsverfahren allerdings nichts, weil am Standort Nienburg ein CVOR und kein DVOR verbaut ist. Und obgleich das CVOR dort seit Jahren nicht mehr für Flächennavigation taugt und nicht mehr zugelassen ist, werden die Genehmigungsanträge nicht nur weiter durch die DFS blockiert - es wird auch keine Abhilfe geschaffen. Längst hätte die DFS die Luftverkehrssicherheit deutlich verbessern können und das uralte CVOR durch ein DVOR ersetzen können. Das Grundstück dafür hat DFS nach eigenem Bekunden bereits gekauft.
Die deanGruppe hat ein Gutachten in Auftrag gegeben, dass im weiteren Verlauf des Gerichtsprozesses vorgelegt werden soll.
Darin wird die Störwirkung ihrer derzeit abgelehnten Projekte unter der Annahme berechnet, dass am Standort Nienburg das CVOR gegen ein DVOR getauscht worden wäre. Dabei wurden die in der Berichterstattung genannten neuesten Berechnungsformeln angewendet. Das Ergebnis ist frappierend. Nicht nur, dass die bereits im 15-km-Radius um den jetzigen Standort stehenden 104 WEA keinen nennenswerten und innerhalb des zulässigen Bereichs liegenden Störbeitrag liefern, sondern es zeigt auch, dass die neuen Projekte diesen Störbeitrag nicht unzulässig erhöhen würden.
Mittlerweile hat auch das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF) konzediert, dass durch den Tausch der CVOR-Technik auf DVOR-Technik keine unzulässigen Störungenwirkungen durch Windenergieanlagen mehr zu erwarten seien.
Das Gericht kann jedoch die DFS nicht verpflichten, das CVOR gegen ein DVOR zu ersetzen. Grundsätzlich ist bei der DFS ein Erneuerungsprogramm zur Umrüstung angelaufen. Das BAF teilt jedoch mit, dass für den Standort Nienburg nicht vor 2026 mit den Planungen zum Tausch gerechnet werden kann. Die kurzfristige Umrüstung jedoch wäre eine echte Win-Win-Situation: Sofortige Wiederherstellung vollumfänglicher Navigation und dadurch bedingte Luftverkehrssicherheit mittels störunempfindlichem Drehfunkfeuer und Errichtung und Betrieb zusätzlicher bzw. ersetzender Windenergieanlagen neuester Bauart, und Vermeidung weiterer gerichtlicher Auseinandersetzungen ggf. in einer weiteren Instanz.
Es wäre daher zweckdienlich, in der weiteren Berichterstattung deutlich hervorzuheben, dass die Problematik des Konflikts mit der Flugsicherung für eine Vielzahl von Windenergieprojekten, insbesondere in Niedersachen, nach wie vor besteht und ein leider immer noch wichtiges Thema ist. Es betrifft nicht nur die deanGruppe, sondern ebenso alle anderen in den angesprochenen Bereichen aktiven Projektentwickler.
gez. Dr. Alexander Jäger-Bloh
Geschäftsführer deanGruppe
sowie Sprecher der „Planerallianz VOR Nienburg“, einem Zusammenschluss der innerhalb des 15-km-Prüfradius des VOR Nienburg planenden Projektentwickler
Foto: Das Repowering-Projekt Mandelsloh wartet auf grünes Licht